Die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr soll verbessert werden
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- von Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Erbrecht
Ein weiteres Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist am 29.7.2014 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz soll jetzt im dritten Anlauf die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr verbessert werden.
Hintergrund für die neue Regelung ist eine Richtlinie der EU. Hierbei wird insbesondere der Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen angesprochen. Erfasst werden alle Verträge, die ab dem 29.7.2014 geschlossen wurden. Bei Dauerschuldverhältnissen, wie etwa Mietverträgen, tritt die Neuregelung mit dem 30.6.2016 auch für frühere Verträge in Kraft.
Die Zahlungsfristen für Entgeltforderungen sollen nach der Richtlinie bei Unternehmen 60 Kalendertage bzw. bei öffentlichen Stellen 30 Kalendertage nicht mehr überschreiten. Durch die neu ins Gesetz eingefügte Vorschrift des § 271a BGB, wird die Vertragsfreiheit der Parteien begrenzt. Außerdem wird der Verzugszins bei Verträgen zwischen Unternehmen in § 288 Abs. 2 BGB auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszins erhöht und im Verzugsfall eine Schadenspauschale von 40 € eingeführt. Die Pauschale betrifft auch Abschlagsforderungen.
Nach § 271a BGB ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, bei der eine Höchstfrist von 60 Tagen zur Zahlung einer Entgeltforderung nach Eingang der Rechnung überschritten wird, nicht mehr zulässig. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wird und diese im Hinblick auf die Interessen des Gläubigers nicht grob unbillig ist.
Als Entgeltforderung sind alle Forderungen anzusehen, bei denen zuvor eine Gegenleistung erfolgt ist, also Kaufpreisforderungen, Werklohn, Miete oder Vergütung aus Dienstverträgen. Ausdrücklich ist eine Vereinbarung dann, wenn sie individuell vereinbart wurde. Konkludente Vereinbarungen oder Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen reichen nicht aus.
Grob unbillig ist eine Vereinbarung allerdings nur selten. Als objektiver Grund reicht aus, wenn ein Unternehmen einem anderen Handelskredit gewähren will.
Fristbeginn ist an sich der Empfang der Gegenleistung. Wird aber eine Rechnung ausgestellt, dann tritt der Zugang der Rechnung an diese Stelle. Umgehungen, etwa durch verzögerte Rechnungsstellung, werden nicht berücksichtigt.
Neben einer Höchstfrist für die Zahlung muss auch die Überprüfung und Abnahme der Gegenleistung innerhalb von 30 Tagen erfolgen. Auch hier besteht aber die Ausnahme, dass eine längere Frist vereinbart werden kann, wenn es nicht grob unbillig ist.
Die gesetzliche Regelung wird in der Praxis wenig hilfreich sein, weil die möglichen Ausnahmen zu vielfältig sind. Wer später zahlen will, wird dies vertraglich sauber regeln können.
Sind öffentliche Auftraggeber beteiligt, besteht eine Höchstfrist von 30 Tagen, auch hier mit der Ausnahme, dass die Vereinbarung ausdrücklich so getroffen wurde und aufgrund der besonderen Natur des Schuldverhältnisses eine längere Frist sachlich gerechtfertigt ist. In diesem Fall ist die absolute Obergrenze aber bei 60 Tagen.
Für die öffentliche Hand ist die ausdrückliche Vereinbarung der längeren Frist unproblematisch, weil man dies regelmäßig in den Ausschreibungsbedingungen festlegen kann. Hinzukommen muss allerdings eine sachliche Rechtfertigung. Die Gründe hierfür sind aber leicht zu erreichen. So reicht es bereits aus, wenn sich ein erhöhter Aufwand zur Prüfung einer Rechnung aus einem komplexen Vertragsgegenstand ergibt. Klassischerweise wird dies etwa im Baubereich so sein.
Unser Tipp
Auch wenn die Vorgaben des Gesetzes in der Praxis viele Fragen bestehen lassen, so lässt sich mit dem Gesetz gleichwohl argumentieren. Es steht zu hoffen, dass insbesondere die öffentliche Hand durch das Gesetz einen Anstoß erhält, Zahlungen zeitnäher zu leisten.
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