Prozesskosten im Wirtschaftsplan der Wohnungseigentümergemeinschaft
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Ob in einem Wirtschaftsplan Gelder für die Abwehr von Beschlussanfechtungsklagen gesammelt werden dürfen, war bislang ungeklärt. Mit Urteil vom 17.10.2014 hat der BGH jetzt eine Klärung herbeigeführt.
Folgender Sachverhalt lag zugrunde. Der Verwalter stellte in den Gesamtwirtschaftsplan eine Ausgabenposition „RA-Kosten/Rechtsstreit“ mit 7.000,00 € ein. In den Einzelwirtschaftsplänen wurde diese Ausgabe auf alle Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Die Eigentümer beschlossen den Wirtschaftsplan. Ein Eigentümer hat diesen Beschluss bei Gericht angefochten. Der Eigentümer beanstandete die Kostenposition in den Einzelwirtschaftsplänen. Diese Anfechtung war erfolglos.
Eine Beschlussanfechtungsklage richtet sich zwar nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband. Die Klage richtet sich immer gegen die übrigen Eigentümer. Der Kostenansatz im Wirtschaftsplan dient der Erfüllung einer Verpflichtung der Wohnungseigentümer, die gemeinschaftlich erfüllt werden kann. Der Mittelansatz soll den Verwalter in die Lage versetzen, einen Rechtsanwalt mit der Verteidigung der übrigen Eigentümer zu beauftragen und dem Rechtsanwalt dann den gesetzlichen Gebührenvorschuss zu zahlen. Würde der Verwalter erst nach Zustellung der Klage an den Verwalter und Weiterleitung der Klage an die beklagten Eigentümer einen Vorschuss von diesen verlangen, würde ihm dadurch die Beauftragung eines Rechtsanwalts erschwert. Derartige Gelder gehen regelmäßig nicht einheitlich und zeitnah ein. Zur Bereitstellung derartiger Mittel sind die Eigentümer auch verpflichtet.
Diese Vorschusspflicht kann dann noch gemeinschaftlich erfüllt werden, wenn noch keine Klage läuft. Denn zu diesem Zeitpunkt ist noch offen, welche Eigentümer verklagt werden. Der klagende Eigentümer beteiligt sich bei der Inanspruchnahme der Gelder durch den Verwalter zwar zunächst an der Finanzierung seiner Prozessgegner. Das ist aber nur vorübergehend. Entnommene Vorschüsse müssen in die nächste Jahresabrechnung eingestellt werden. In der Einzelabrechnung dürfen sie nur den beklagten Eigentümern in Rechnung gestellt werden. Der klagende Eigentümer würde also nie länger als bis zum Ende des Abrechnungsjahres an der Finanzierung seiner Prozessgegner beteiligt.
Eine solche Ausgabenposition darf wie auch andere Ausgabenpositionen aber nur in den Wirtschaftsplan gestellt werden, wenn sie voraussichtlich entstehen wird. Die Anfechtungsklage muss feststehen oder im kommenden Wirtschaftsjahr zu erwarten sein. Fehlen Anhaltspunkte dafür, dürfen Kosten dafür im Wirtschaftsplan nicht angesetzt werden. Sind Beschlussanfechtungsklagen nicht abzusehen, können die Eigentümer den Verwalter allgemein durch Mehrheitsbeschluss ermächtigen, dafür Gemeinschaftsmittel einzusetzen. Bei der Bewertung der Situation haben die Eigentümer einen Prognosespielraum.
Unser Tipp
- Prüfen Sie als Eigentümer, ob Mittel im Wirtschaftsplan für Anfechtungsklagen eingesetzt werden können.
- Prüfen Sie als klagender Eigentümer, ob Ihnen Kosten für den Prozess in Rechnung gestellt werden.
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