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Die Sicherung von Bauforderungen

Mit Wirkung vom 1. 5. 2000 hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ neben den Vorschriften zum Verzug einige Vorschriften des Bau- und Werkvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geändert. Hier gelten die wesentlichen Veränderungen für alle Verträge, die ab dem 01.05.2000 abgeschlossen werden. Zum 1. 1. 2009 ist dann das „Forderungssicherungsgesetz“ mit einer Fortentwicklung in Kraft getreten. Es soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Liquiditätsschwierigkeiten der Unternehmen des Baugewerbes wegen hoher Außenstände verringern. Dass die Umsetzung wegen „handwerklicher“ Mängel in der Formulierung der Vorschriften in vielen Teilen nicht gelungen war, war hier wie auch sonst für die neueren Gesetze geradezu typisch. Im Herbst 2009 erfolgte deshalb eine weitere Nachbesserung.

Die gesetzlichen Veränderungen richten sich zum einen an alle Baubeteiligten durch Änderung der Vorschriften zum Werkvertrag im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Zum anderen wird das insbesondere an Bauträger oder Generalunternehmer adressierte Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen (bisher abgekürzt: GSB, in Zukunft: BauFordSiG) wesentlich geändert und verschärft.

Änderungen des Bauvertragsrechts

Durch eine Änderung von § 310 Abs. 1 S. 3 BGB wird die Privilegierung der VOB/B für Verbraucherverträge generell aufgehoben. Gleichzeitig wird festgeschrieben, dass bei Verträgen zwischen Unternehmern oder mit der öffentlichen Hand die VOB/B privilegiert ist, wenn sie als Ganzes vereinbart wird. Beides entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Zu beachten ist, dass auch ein Verbraucher Verwender der VOB/B sein kann, etwa wenn die Verträge durch einen Architekten erstellt werden. Eine Inhaltskontrolle erfolgt in diesen Fällen nur zu Gunsten des jeweiligen Vertragspartners.

Neu geregelt wird die Abschlagszahlung in § 632a BGB. Während die bisherige Regelung in der Praxis völlig unbrauchbar war, ist die neue Regelung zwar brauchbarer, aber in Teilen immer noch problematisch. Bei wesentlichen Mängeln ist fraglich, ob Abschlagszahlungen überhaupt verlangt werden können, weil Abschlagszahlungen eine „vertragsgemäße“ Leistung voraussetzen. Wesentliche Mängel sind hierbei solche mit einer fühlbaren Beeinträchtigung der Funktionalität oder der Sicherheit. Um dieses Element werden sich in Zukunft die Diskussionen drehen. Ähnlich wie bei Anwendung der VOB/B müssen die Leistungen durch eine Aufstellung nachgewiesen werden, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglicht. Hier wird der Wortlaut des § 16 Ziff. 1 VOB/B übernommen, so dass wohl auch die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe hierzu zu übernehmen sein werden.

Verlangt der Unternehmer eine Abschlagszahlung, kann der Auftraggeber in bestimmten Fällen Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 % des Werklohns verlangen. Voraussetzung ist, dass der Auftraggeber Verbraucher ist und dass der Auftrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses zum Gegenstand hat. Bei kleineren Arbeiten an Häusern oder bei der Einzelvergabe von Gewerken dürfte ein „Umbau“ wohl nicht vorliegen, allerdings ist dies noch nicht geklärt. Die Sicherheit kann der Auftraggeber in voller Höhe von den Abschlagszahlungen einbehalten, bis die 5 % erreicht sind. Der Unternehmer ist berechtigt, statt dessen eine Bürgschaft zur Verfügung zu stellen. Die Sicherheit ist zurückzugeben, wenn der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann. Die Abnahme allein reicht hierzu nicht aus, es sei denn, sie erfolgt „ohne wesentliche Mängel“.

§ 640 I S.2 BGB stellt klar, dass die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht mehr verweigert werden kann. Darin dürfte in der Tat eine Verbesserung der bisherigen Situation liegen, da bisher bereits kleinste Mängel dazu führen konnten, dass eine Abnahme nicht mehr umzusetzen war und es deshalb an der Fälligkeit fehlte. Der Streit wird sich nunmehr zwar auf die Frage verlagern, welche Mängel wesentlich und welche Mängel nicht wesentlich sind. Gleichwohl ist das Problem der mangelnden Fälligkeit etwas entschärft.

Mit § 640 I S. 3 BGB wird eine Abnahmefiktion ins Gesetz aufgenommen. Nimmt der Besteller trotz Abnahmeverpflichtung das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer gesetzten Frist ab, so wird die Abnahme unterstellt. Auch hier sind allerdings ähnliche Voraussetzungen wie bei den Abschlagszahlungen erforderlich, so dass die Vorschrift wenig praktikabel ist.

§ 641 II BGB führt eine Durchgriffsfälligkeit ein. Für den Nachunternehmer (NU) wurden die Voraussetzungen der Durchgriffsfälligkeit erleichtert. Wie schon bisher führt die Zahlung des Bauherrn an den Generalunternehmer (GU) zur Fälligkeit auch der Ansprüche der NU. Jetzt kommt auch die Abnahme des Bauherrn als weitere Alternative hinzu. Der NU, der ja keine Kenntnis von Zahlung oder Abnahme haben muss, kann zudem dem GU eine Frist zur Auskunft setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf sein Anspruch ebenfalls fällig wird.

§ 641 III BGB führt den bisher schon von der Rechtsprechung allgemein anerkannten Druckzuschlag (Zuschlag auf die Mängelbeseitigungskosten zur Durchsetzung der tatsächlichen Mängelbeseitigung) ins Gesetz ein. Die Rechtsprechung setzte in der Vergangenheit den Druckzuschlag mit dem Zwei- bis Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten an und gewährte dem Auftraggeber in dieser Höhe ein Zurückbehaltungsrecht. Nur in Ausnahmefällen ging man darüber. Zunächst war ein Einbehalt von wenigstens dem 3-fachen der Mängelbeseitigungskosten festgelegt, jetzt kommt es auf die angemessene Höhe an, die das Gesetz jetzt regelmäßig mit dem 2-fachen ansetzt.

Der Bauhandwerker hat erweiterte Sicherungsmöglichkeiten im Rahmen des § 648 a BGB. Er kann die Sicherheit seit 2009 auch einklagen und ist nicht darauf beschränkt, den Auftrag zu kündigen. Zudem können auch Nebenleistungen in die Sicherheitsleistung einbezogen werden, die hier mit pauschal 10 % angesetzt worden sind. Wenn er kündigt, so steht ihm für den gekündigten Teil eine Ausfallvergütung zu, die der Gesetzgeber jetzt mit 5 % des Werklohns vermutet. In solchen Fällen muss der Unternehmer die ausgeführten Arbeiten nach den regulären Preisen abrechnen und kann für die nicht ausgeführten Teile 5 % ansetzen. Zu beachten ist bei § 648 a BGB, dass Mängel dem Sicherheitsverlangen nicht entgegenstehen. Allerdings findet die Regelung generell keine Anwendung auf den klassischen Häuslebauer und den Staat. Schließlich wird die Vermutungsregelung (5 %) auch für die Kündigung nach § 649 BGB übernommen.

Wesentliche Neuerung ist die durch § 641a BGB eingeführte Fertigstellungsbescheinigung. Hierbei kann mit einem sehr hohen zeitlichen, finanziellen und organisatorischen Aufwand mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ein Vergütungsanspruch in einem verkürzten Verfahren durchgesetzt werden. Dieser setzt allerdings voraus, dass sämtliche vertraglichen Vereinbarungen schriftlich fixiert worden sind, ein qualifizierter Gutachter vorhanden ist und das Werk insgesamt völlig mangelfrei ist . Erst im sogenannten Nachverfahren kann dann der Besteller Einwände gegen die gutachterlichen Feststellungen umsetzen. In der Praxis findet die Fertigstellungsbescheinigung keinen Raum.

Besonderheiten für Bauträger

Zunächst regelt § 632 a Abs. 2 BGB für Bauträger, dass Abschlagszahlungen nur verlangt werden können, wenn sie aufgrund der Verordnung über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen vereinbart worden sind. In dieser Verordnung wird weiterhin festgehalten, dass § 632 a Abs. 3 auf diese Verträge ebenfalls anzuwenden ist. Das bedeutet, dass unabhängig von den sonstigen Regelungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5% der Gesamtvergütung zur Verfügung zu stellen ist, wenn sich der Bauträger keine Einbehalte bei seinen Abschlagszahlungen gefallen lassen will. Zu beachten ist, dass dies auch unabhängig von der in der Bauträgerverordnung enthaltenen Regelung gilt, dass für den gesamten Kaufpreis eine Bürgschaft gestellt wird, weil sich diese in eine andere Richtung richtet.

Bauforderungssicherungsgesetz

Erheblichen praktischen Mehraufwand bedeutet nunmehr die Regelung des Bauforderungssicherungsgesetzes. Zwar ist die frühere Buchführungspflicht entfallen, dennoch wird ein GU (ebenso Bauträger) nicht daran vorbeikommen, über Baugelder genaue Verwendungsnachweise vorlegen zu können.

Der Begriff des Baugeldes ist über die bisherige Definition hinaus deutlich erweitert worden. Generell ist festzuhalten, dass Abschlagszahlungen, die ein GU erhält, zwingend Baugeld sind, weil sie im Zusammenhang mit der Herstellung des Baus oder Umbaus geleistet worden sind. Eine zweckwidrige Verwendung von Baugeld führt zu Ansprüchen der NU. Dies kann sowohl durch aktives Tun (also Auszahlung an einen Fremden) oder aber auch durch Unterlassung (etwa durch fehlenden Pfändungsschutz) geschehen. Faktisch werden die GU Treuhänder ihrer NU.

Baugelder muss der GU auf einem gesonderten Konto separieren und gleichzeitig auch dafür Sorge tragen, dass es nicht von Dritten in Anspruch genommen werden kann. Hier hilft eigentlich nur noch die Einrichtung eines Treuhandkontos. Zu beachten ist, dass Baugelder nicht dem Pfandrecht der Kreditinstitute unterliegen, wenn dem Kreditinstitut die Baugeldeigenschaft bekannt ist.

Der GU darf mit den Geldmitteln auch keine Löcher aus anderen Bauvorhaben stopfen, er darf es auch nicht für eigene Zwecke oder zur Deckung seiner allgemeinen Geschäftskosten verwenden. Auch sonstige Verbindlichkeiten, die nicht unmittelbar dem Bauvorhaben dienen, darf er nicht begleichen. Von den von ihm selbst erbrachten Bauleistungen darf er seit der letzten Änderung 2009 100 % des angemessenen Wertes einnehmen. Unter die erbrachten Leistungen fallen auch die anteiligen allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn, Löhne sowie Finanzierungskosten. Die Höhe des Wertes kann der GU schätzen, wobei Irrtümer aber zu seinen Lasten gehen.

Das Gesetz richtet sich in erster Linie an Bauträger und Generalunternehmer (GU). Einige Regelungen des Gesetzes waren auf massive Kritik der Betroffenen gestoßen, so dass der Gesetzgeber sehr schnell eine Änderung vorgenommen hat (die allerdings immer noch nicht reicht).

Unser Rat:

  • Jedem Geschäftsführer eines GU oder Bauträgers ist dringend zu empfehlen, die bisherige Praxis zu überprüfen. Bis heute sind die gesetzlichen Regelungen noch nicht in alle Verträge umgesetzt.
  • Seit Jahresbeginn haftet der Generalunternehmer für die fehlerhafte Verwendung derartiger Baugelder gegenüber seinen Nachunternehmern persönlich.