Die Höhe des Schadens bei Baumängeln kann ab sofort nicht mehr mit den fiktiven Kosten der Mängelbeseitigung in Ansatz gebracht werden, wenn der Bauherr auf eine Beseitigung des Mangels verzichtet. Maßgeblich ist nach einer neuen Entscheidung des BGH vom 22.2.2018 nur noch die Wertdifferenz zwischen dem Wert des mangelhaften und dem des mangelfreien Werks.
Bisher hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass sich der Schadensersatzanspruch in derartigen Fällen alternativ nach den fiktiven Kosten der Mängelbeseitigung ergeben würde. An dieser Auffassung hält der BGH nicht mehr fest. Hintergrund ist, dass ein Schaden grundsätzlich durch die Wertdifferenz zwischen der Vermögenslage ohne den Schaden (Mangel) und derjenigen mit Schaden ausgedrückt wird. Diese Wertdifferenz wird nach Ansicht des Gerichtes durch die fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht zutreffend abgebildet. Vielmehr führt dies häufig zu einer Überkompensation. Die Höhe des in dem Mangel liegenden Vermögensschadens ist dann aufgrund einer Wertung vorzunehmen, die sich am Leistungsinteresse des Bestellers zu orientieren hat. Daraus folgt, dass es darauf ankommt, ob der Bauherr den Mangel beseitigen lassen will oder nicht.
Will er die Mängel nicht beseitigen, ist von der für das jeweilige Werk vereinbarten Vergütung auszugehen, bei der dann der Minderwert des Werkes wegen des nicht beseitigten Mangels zu schätzen ist. Diese Schätzung kann das Gericht nach § 287 ZPO vornehmen. Eine Schadensbemessung kommt hierbei etwa anhand der Vergütungsanteile in Betracht, die auf die mangelhafte Leistung entfallen, etwa bei einer Ausführung mit minderwertigen Materialen. In anderen Fällen dürfte die Schätzung schwieriger sein. Wie dies bei optischen Fehlern umzusetzen ist, ist noch nicht ganz klar. Vermutlich werden hier die Grundsätze der Minderung nach § 638 BGB eine erhebliche Rolle spielen.
Die neue Auffassung des BGH erschwert die Ermittlungen über die Schadenshöhe. Ohne sachverständige Hilfe und komplizierte Berechnungen wird eine Bemessung kaum noch umzusetzen sein. Die bisherige Möglichkeit, ein Angebot eines Unternehmers einzuholen, reicht nicht mehr aus. Allerdings dürften die fiktiven Kosten der Mangelbeseitigung regelmäßig die Obergrenze des Schadens sein.
Ein weiteres Problem wird dadurch entstehen, dass die gerichtlichen Verfahren Zeit kosten. Spätere Veränderungen können erhebliche Auswirkungen haben, etwa wenn eine Immobilie während eines jahrelangen Verfahrens veräußert wird und der Kläger an einer ursprünglich geplanten Mangelbeseitigung kein Interesse mehr hat. Er muss in einem solchen Fall die vom Gericht vorzunehmende Schätzung des Schadens dann nachträglich mehr oder weniger selbst vorweg nehmen.
Will der Bauherr dagegen den Mangel beseitigen lassen, bleibt es hinsichtlich der Höhe wie bisher bei den tatsächlichen Kosten der Mängelbeseitigung, die auch eine eventuelle Umsatzsteuer beinhalten. Für diesen Fall hat der BGH festgehalten, dass auch in diesen Fällen ein Vorschussanspruch besteht, der auch bei dem Verlangen nach Schadensersatz nicht ausgeschlossen ist. Die bisherige Auffassung, dass mit dem Wegfall des Nacherfüllungsanspruchs der Vorschussanspruch erlöschen könnte, wird durch den BGH nicht geteilt.
Dies nimmt der BGH auch dann an, wenn sich eine Klage gegen einen Architekten richtet, bei der dieser Schadensersatz zu leisten hat, weil sich ein Planungsfehler im Bauwerk realisiert hat. Auch hier billigt das Gericht dem Bauherrn einen Vorschussanspruch zu, damit der Bauherr nicht gezwungen ist, die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung hinzunehmen.