Mit dem häuslichen Musizieren hat sich der BGH in einem Urteil vom 26.10.2018 noch einmal genauer befasst.
Der Kläger bewohnte ein Reihenhaus. Der Beklagte bewohnt das benachbarte Reihenhaus und ist Berufsmusiker. Im Erdgeschoss und in einem Probenraum im Dachgeschoss übte er Trompete ca. 180 Minuten am Tag und nicht mehr als zwei Tage pro Woche unter Beachtung der Mittags- und Nachtruhe. Außerdem unterrichtet er zwei Stunden wöchentlich Musikschüler.
Der Kläger fühlt sich gestört. Er verlangt vom Beklagten das Ergreifen geeigneter Maßnahmen, so dass das Spielen von Musikinstrumenten auf seinem Grundstück nicht mehr zu hören ist.
Grundsätzlich kann der Eigentümer eines Grundstücks von dem Eigentümer eines anderen Grundstücks die Unterlassung von Einwirkungen wie Gase, Dämpfe, Erschütterungen, Geräusche verlangen.
Voraussetzung ist, dass es sich nicht nur um eine unwesentliche Beeinträchtigung handelt. Eine solche liegt regelmäßig vor, wenn die nach den Vorschriften festgesetzten Grenzwerte eingehalten sind. Oder wenn die Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Muss der Nachbar danach eine Einwirkung dulden, und beeinträchtigt diese ihn mehr als zumutbar, kann er eine Entschädigung in Geld verlangen.
Der BGH hat die Sache hier wie folgt gesehen. Ob Geräusche wesentlich sind, richtet sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen. Zusätzlich danach, was dann unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zumutbar ist.
Wesentlich sind hiernach Beeinträchtigungen nach § 3 Abs. 1 BlmSchG. Ansonsten können Lärmbelästigungen grundsätzlich nicht mathematisch exakt beurteilt werden, sondern sind im Einzelfall zu bewerten. Das ist Aufgabe des Richters. Er muss den Sachverhalt genau ermitteln und die rechtlichen Kriterien einhalten. Er darf keine zu strengen Maßstäbe anlegen.
Geräusche, die als schwache Zimmerlautstärke zu hören sind, sind nicht automatisch wesentliche Beeinträchtigungen. Geräusche, die sich durch nachträgliche Schallschutzmaßnahmen am störenden Haus verringern lassen, sind nicht automatisch wesentlich. Viele Tätigkeiten im häuslichen Bereich sind mit Geräuschen verbunden. Besonders bei geschlossener Bauweise und unzureichendem Schallschutz höre der Nachbar diese. Er könne deshalb nicht völlige Stille verlangen.
Blasinstrumente sind in der Regel zu hören. Das häusliche Musizieren gehört aber zu den üblichen Freizeitbeschäftigungen. Geräusche dadurch sind in gewissem Rahmen zumutbar.
Andererseits soll der Nachbar Ruhe und Entspannung finden. Dass der Nachbar im Dachgeschoss oder im Keller musizieren könne, ändere nichts. Der Nachbar dürfe dort musizieren, wo sein Lebensmittelpunkt ist, so auch im Wohnzimmer.
Geräusche durch Berufsmusiker machen keinen Unterschied, auch nicht Unterrichten. Unwichtig ist auch, ob der gestörte Nachbar Nachtarbeiter ist und tagsüber schläft.
Es kommt aber immer auf die Umstände des Einzelfalles an unter Berücksichtigung nachbarlicher Rücksichtnahme.
In Wohnungseigentumsanlagen gibt es häufig Hausordnungen mit Ruhezeiten von 20:00 Uhr bis 08:00 Uhr und von 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Diese Zeiten kann man bei einer Reihenhausanlage entsprechend anwenden.
Unser Tipp
- Sammeln Sie als Betroffener ausführlich die Einzelheiten.
- Argumentieren Sie im Streitfall umfassend