Nicht selten wünschen Eheleute, dass ihr Vermögen zunächst auf den überlebenden Ehegatten übergeht und es nach dessen Tod an die gemeinsamen Kinder vererbt wird. Diese Gestaltung kann durch ein „Berliner Testament“ oder durch die Einsetzung des Ehegatten als Vor- und der Kinder als Nacherben erreicht werden. Kritisch ist, dass in diesen Fällen immer 2 Erbfälle vorliegen, die jeweils für sich Erbschaftssteuerverpflichtungen auslösen.
Dies bleibt unproblematisch, wenn das für die Erbschaftssteuer zu versteuernde Gesamtvermögen der Eheleute die Freibeträge der Kinder von jeweils 205.000 €, also beispielhaft bei 3 Kindern von 615.000 €, nicht übersteigt.
Bei größeren Vermögenswerten sieht dies anders aus. Hier können durch richtige Gestaltungen die Freibeträge jeweils 2 x genutzt werden, so dass im Beispielsfall auch bei doppelt so hohem Vermögen keine Erbschaftssteuer anfällt. Zusätzlich kann auch die erhebliche Progression bei der Erbschaftssteuer auf diesem Wege günstiger gestaltet werden.
Eine klassische Lösungsalternative ist, den Kindern vorab oder beim erstem Erbfall schon das Erbe zu Eigentum zu übertragen, aber dem überlebenden Ehegatten den Nießbrauch am Vermögen auf Lebenszeit einzuräumen. Diese Gestaltung führt dazu, dass nach dem Wegfall des früheren § 25 ErbStG im Jahre 2009 der Nießbrauch bei der Bewertung in Abzug gebracht wird. Diese Alternative eignet sich auch, wenn eine Übertragung stufenweise erfolgt und zunächst nur ein Teil des Vermögens übertragen wird. Gut eignet sich hierzu Grundbesitz, der auch langfristig nicht veräußert werden soll.
Aber was bedeutet Nießbrauch praktisch? Dem Nießbraucher steht das Nutzungsrecht eines bestimmten Gegenstandes zu. Bei einem Aktiendepot stehen ihm die Dividenden, bei einem Sparguthaben die Zinsen, bei einem Grundstück die Miet- oder Pachterträge zu. Dafür muss der Nießbraucher die laufenden Kosten tragen, das sind diejenigen Aufwendungen, die regelmäßig und wiederkehrend innerhalb kurzer Zeitabstände zu erwarten sind (so der BGH in einem Urteil vom 6. Juni 2003, V ZR 392/02).
Insbesondere beim Grundbesitz stellt sich die Frage, welche Aufwendungen dazu gehören. Hierzu gehören neben den laufenden Abgaben und Verbrauchskosten auch normale Verschleißreparaturen (vgl. BGH vom 7. Juli 1993, IV ZR 90/92 = NJW 1993, 3198, 3199).
Der Eigentümer muss demgegenüber nach dem Gesetz die Kosten von außergewöhnlichen Maßnahmen tragen, also grundlegenden Sanierungen. Im Einzelfall ist die Abgrenzung nicht einfach, so dass es empfehlenswert ist, die Abgrenzungen bereits im Nießbrauchbestellungsvertrag zu treffen.
Die gesetzliche Regelung ist wegen der Lasten für den Eigentümer problematisch. Gerade in Fällen der vorweggenommenen Erbfolge ist dies in der Regel nicht sinnvoll. Hier sollte deshalb vertraglich geregelt sein, dass der Nießbraucher auch die außerordentlichen Lasten trägt, aber gleichzeitig auch derartige Investitionen über langfristige Darlehen, die auf dem Gegenstand abgesichert werden, finanzieren darf.
Denn für den Eigentümer sind derartige Aufwendungen oft nicht finanzierbar, weil ihm keine Erträge gegenüberstehen. Die möglichen Einsparpotentiale führen auch zu keiner Refinanzierung, weil diese Vorteile beim Nießbraucher bleiben. Hinzu kommt, dass er – anders als der Nießbraucher – die Aufwendungen auch nicht steuerlich geltend machen kann. Insofern sind Korrekturen am gesetzlichen Modell in fast allen Fällen sinnvoll.
Bei richtiger Ausgestaltung ist der Nießbrauch aber eine sehr effektive Möglichkeit, die gewünschten steuerlichen Vorteile zu erzielen, ohne dass die Einschränkungen für die Betroffenen all zu groß werden.