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Aus- und Einbaukosten bei Lieferung von mangelhaften Baumaterialien, 2. Akt

Liefert ein Unternehmen Baumaterialien und sind diese mangelhaft, stellt sich die Frage, ob der Lieferant neben der Mängelbeseitigung an den Materialien auch die Ein- und Ausbaukosten tragen muss. Bisher war die Rechtsprechung hier noch ohne klare Linie.

Ein derartiger Fall war zunächst Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. Dezember 2011, bei der ein Unternehmer und ein Verbraucher beteiligt waren (Siehe Info). Zum gleichen Thema hat der BGH jetzt am 17. Oktober 2012 erneut entschieden, allerdings waren hier zwei Unternehmer beteiligt. Das Ergebnis war gegenteilig!

In ersten Fall hatte zu Grunde gelegen, dass ein Bauherr in einem Baumarkt Bodenfliesen erworben und diese in seinem Flur und in seiner Küche verlegt hatte. Nach der Verlegung offenbarten sich nicht behebbare Mikroschleifspuren, so dass nur ein Austausch in Frage kam.

Hier entschied der BGH – nach Vorlageentscheidung des EUGH –, dass der Verkäufer (Baumarkt) im Rahmen der Nacherfüllung grundsätzlich auch für den Aus- und Einbau einzustehen hat. Er darf dem Verbraucher gegenüber dann aber einwenden, sich an dem Aus- und Einbau nur mit einem angemessenen Betrag zu beteiligen. Konkrete Richtwerte für die „Angemessenheit“ der Kostenbeteiligung hat der BGH noch nicht gegeben. Hier wird auch in Zukunft eine einzelfallbezogene rechtliche Beratung sinnvoll sein. Einen ersten Maßstab setzte der BGH, wenn er bei einem nur optischen Mangel die Hälfte des Verkaufswerts des Materials als angemessen zu Grunde legt.

In der neuen Entscheidung hatte ein Baustoffhändler an ein im Sportplatzbau tätiges Unternehmen Granulat zum Einbau bei Kunstrasenplätzen geliefert. Nachdem sich das Granulat als mangelhaft erwies, lieferte der Baustoffhändler auf Verlangen des Käufers neues Granulat. Den Ausbau und Einbau des Granulats lehnte der Baustoffhändler ab.

Ist auch der Käufer Unternehmer, kann er nach Ansicht des BGH zu Recht Ausbau und Neueinbau ablehnen. Die im ersten Fall zur Auslegung der deutschen Rechtsvorschriften heranzuziehende EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf ist auf das Verhältnis zwischen 2 Unternehmern nicht anzuwenden (das Gleiche gilt auch für das Verhältnis zwischen 2 Verbrauchern). Insoweit habe der deutsche Gesetzgeber die Auslegung der Richtlinie bei der gesetzlichen Regelung des § 439 BGB anders verstanden, so dass eine Erweiterung der Richtlinienauslegung auf Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie ausscheide. In Betracht kommt deshalb ein weitergehender Anspruch nur als Schadensersatzanspruch.

Diese Rechtslage zwingt insbesondere denjenigen Unternehmer, der an den Endkunden liefert, besonders vorsichtig zu sein, weil er seinen Schaden möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang an den Vorlieferanten weitergeben kann.

Unser Tipp:

  • Bei Mangelhaftigkeit ist der Bauunternehmer gegenüber einem Verbraucher verpflichtet, nicht nur neues Material zu liefern, sondern das alte Material auch auszubauen und mangelfreie Materialien einzubauen.
  • Ist der Kunde Unternehmer, muss er nur nachliefern, er könnte aber auch Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sein.
  • Hinzu kommt, dass der Unternehmer seiner Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB nachkommen muss. Danach muss er die Baumaterialien vor dem Einbau unverzüglich untersuchen und etwaige Mängel rügen. Diese Pflicht wird in Zukunft beim Rückgriff auf den Vorlieferanten eine zunehmende Bedeutung erfahren.